Exkursion nach Emmendingen

Exkursion nach Emmendingen am 28. 10. 2017

Zwei Programmpunkte hatte die Exkursion am Samstag, den 28. Oktober 2017 zu bieten: die Besichtigung des Zentrums für Psychiatrie und die des Tagebucharchivs. Da der Vortrag und der kurze Gang übers Gelände der ehemaligen „Heil- und Pflegeanstalt“ kostenlos war, nahmen mit einem guten Dutzend Personen mehr Interessierte teil als an der darauf folgenden Besichtigung des Archivs.

Der Leiter des Qualitätsmanagements der Psychatrie Albrecht Oberle stellte in einem gut einstündigen Vortrag die Geschichte und die heutige Arbeitsweise des Wirtschaftsunternehmens vor. Vor dem dunklen Kapitel der Emmendinger Psychiatrie im Nationalsozialismus, die meisten Patienten wurden entweder ermordet oder starben eines Hungertodes, kam Oberle auf die große Bedeutung Emmendingens in der Kliniklandschaft Badens zu sprechen. Emmendingen wurden in dieser Frühzeit hauptsächlich Patienten aus anderen Anstalten zu deren Entlastung zugewiesen. Oberle war es in seinem Vortrag wichtig, die Arbeitsweise und Aufgabenstellung der verschiedenen der Stationen in über 40 Häusern darzustellen. Nach dem Vortrag besichtigte die Reisegruppe das Mahnmal für die „Euthanasie“-Opfer im Park der Klinik (Foto).

Zur Vorbereitung auf die Exkursion hielt Dr. Gabriel Richter an der Uni Freiburg am Montag zuvor einen Vortrag über „Euthanasie“ in Baden. Er ging auf die Geschichte der Psychiatrien in Baden ein, die mit der Anstalt Illenau bei Achern ihren paukenschlagartigen Anfang nahm (und deren Besuch er heute wärmstens ans Herz legte). Bei seiner Forschungsarbeit über die Ermordung von psychisch und psychosomatisch Kranken im „Dritten Reich“ seien ihm von seiten der Archive teils große Knüppel zwischen die Beine geworfen worden, als diese merkten, auf welchem sozialen „Sprengstoff“ (Richter) sie saßen.

Im Tagebucharchiv stellte der stellvertretende Vorsitzende Friedrich Kupsch (Foto) der Gruppe aus Freiburg die Arbeit dieser bundesweit einzigartigen Institution vor. Es sei zwar mit 500 Regalmetern ein „verhältnismäßig kleines Archiv“, aber die großen Sammelanstalten seien froh, dass die Emmendinger die Arbeit des Sammelns dieser Schriften von „nicht bedeutenden Persönlichkeiten“, wie Kupsch seine Klientel bezeichnete, übernähmen. Und jedes Jahr kämen rund 200 neue, archivwürdige Autoren zu seiner Sammlung hinzu.

Wolfgang Weismann