Exkursion ins Haus der Geschichte Baden-Württemberg

Flyer der Ausstellung „Vertrauensfragen“ (Quelle: HdGBW)

Sonderausstellung „Vertrauensfragen – Der Anfang der Demokratie im Südwesten 1918-1924“ im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart

Am 3. Oktober 2018 fand die ganztätige Exkursion zur Sonderausstellung „Vertrauensfragen“ im Stuttgarter Haus der Geschichte Baden-Württemberg (HdGBW) statt, welche bis 11. August 2019 geöffnet ist. Unsere Gruppe aus Freiburg wurde durch den Museumsleiter Thomas Schnabel empfangen worden. Schnabel gab eine kurze Einweisung in die Entstehungsgeschichte, Aufgaben und das Selbstverständnis des von ihm seit ca. 30 Jahren geleiteten Landesmuseums und eine Führung durch die Sonderausstellung.

Entwicklung des HdGBW

Die Anfänge des Museums, welches dem Wissenschaftsministerium untersteht, gehen auf das Jahr 1987 zurück, wobei treibende Kraft für dessen Einrichtung der spätere Ministerpräsident Erwin Teufel war. Die personelle Erstausstattung bestand 1987 aus je zwei Wissenschaftlern und Angestellten. 1989 übernahm Herr Schnabel nach personeller Aufstockung zunächst kommissarisch und ab 1991 endgültig die Leitung des Hauses. Erst im Jahr 1999 fiel der Beschluss für den Bau des heutigen Hauses der Geschichte, das Museum hatte aber bis zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Ausstellungen in verschiedenen Städten Baden-Württembergs organisiert und kuratiert, beispielsweise zum Thema 1848er Revolution, welche allein zwischen 1997-1999 von 1-2 Millionen Besuchern besucht wurde.

Die offizielle Eröffnung des nach den Plänen des britischen Architekten James Stirling neuerrichteten Museums an der Stuttgarter Kulturmeile der Konrad-Adenauer-Straße erfolgte am 13. Dezember 2002; im Gesamtgebäudekomplex ist auch die Stuttgarter Musikhochschule untergebracht. Heute sind dort ca. 40 Personen beschäftigt.

Die Finanzierung des Hauses erfolgt durch das Wissenschaftsministerium und es wird gleichzeitig durch Gelder eines Freundeskreises und Fördervereins unter Beteiligung auch von Firmen unterstützt. Zwischenzeitlich hat das Haus der Geschichte auch in anderen Orten von Baden-Württemberg Zweigstellen eingerichtet, in Südbaden beispielsweise in Sasbach/Ortenaukreis das Turenne-Museum, um auch vor Ort die regionalgeschichtlichen Spezifika abzubilden. Die nächste Ausstellung ist in Buchen-Hettingen über das Wirken und die Werke der Architekten Eiermann und Magnani geplant.

Eine Kommission hat dem Haus der Geschichte als Zweck die „Demokratisierung und Partizipation in Baden-Württemberg ab der Napoleonischen Zeit“ vorgegeben.. Im Museum und seinen Zweigstellen soll die Landesgeschichte der letzten 200 Jahre von Napoleon bis zum Stuttgart 21-Bauzaun abgebildet werden.

 

Sonderausstellung „Vertrauensfragen“

Im Jahr 1918 war nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg das Vertrauen in die alte soziale und politische Ordnung zerstört. Die Ausstellung im Untergeschoß des Museums soll zeigen, wie nach dem Ende des Kaiserreichs und den anschließenden Revolutionswirren 1918/ 1919, aber auch durch den sogenannten Oberbadischen Aufstand kommunistischer Kräfte in Lörrach 1923, die erste Demokratie in Baden und Württemberg entstand, die um das Vertrauen der Bevölkerung warb. Denn erst nach 1924 konnte eine gewisse politische Stabilisierung erreicht werden, obwohl die wirtschaftliche Krise aufgrund der Inflation 1923 noch andauerte. Die wirtschaftliche Situation im Land wurde nach dem Ersten Weltkrieg beispielsweise nicht nur durch die heimkehrenden Soldaten und die aus dem Elsass ausgewiesenen Personen, sondern auch dadurch erschwert, dass deutsche Soldaten, welche vor 1914 in der Schweiz gearbeitet hatten, nach 1918/1919 nicht mehr an ihren bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren konnten.

 

Politik benötigt Vertrauen – früher wie heute.

Die Ausstellung will die Besucher gleichzeitig mit Interviews und Mitmacheinheiten zum Nachdenken und Diskutieren über die vielzitierte Vertrauenskrise der Demokratie heute anregen.

Was schafft Vertrauen? Jedes der sechs aufgestellten Foren widmet sich mit historischen Ausstellungstücken, Mitmachstationen und aktuellen Interviews jeweils einem für das Vertrauen zentralem Thema:

Teilhabe (z.B. Frauen-Wahlrecht); Sicherheit (z.B. Gewaltverbrechen durch Freikorps); Zusammenarbeit (z.B. Vereine, Parteien, Betriebsräte); Vielfalt (z.B. Meinungsvielfalt und Minderheitenschutz); Zugehörigkeit (z.B. Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft); Glaubwürdigkeit (z.B. Inflation).

Interessant war in diesem Zusammenhang auch die Aussage von Herrn Schnabel, dass erstmals nach dem Ersten Weltkrieg staatlicherseits Pressestellen eingerichtet worden sind.

So fragt eine digitale Abstimmung nach Meinungen, ob sich bei Wahlen etwas ändern sollte. Mit den Füßen können sich Besucher auf einer interaktiven Bodenprojektion in Sachen Sicherheit oder Freiheit positionieren.

Eberhard Stegerer