Friedrich Kaiser – Maler und Zeitzeuge

Revolutionstruppen 1848 in Lörrach, Ölgemälde von Friedrich Kaiser – Foto: Dreiländermuseum

Ziel der Exkursion des Arbeitskreises Regionalgeschichte Freiburg am 14. November 2015 war eine Kunstausstellung in Lörrach. Die Geburtsstadt von Friedrich Kaiser beging in diesem Jahr den 200. Geburtstag dieses bedeutenden badischen Historienmalers. Von ihm stammen Zeichnungen und Gemälde aus den preußisch dominierten Kriegen, die in den 1860er und frühen ’70er Jahren der Gründung des Deutschen Reichs vorausgingen. Kaiser hat aber zum Beispiel auch die Badische Revolution 1848/49 und zuvor das damals neue Verkehrsmittel Eisenbahn in Bildern festgehalten. Zu jener Zeit waren Fotografien noch wenig verbreitet, sodass Gemälde, Holzstiche und Zeichnungen eine wichtige Rolle als visuelle Informationsvermittler spielten.

90 seiner Werke wurden im Jubiläumsjahr unter dem Titel „Friedrich Kaiser – Zeitzeuge eines unruhigen Jahrhunderts“ im Lörracher Dreiländermuseum gezeigt. Die Bilder stammten größtenteils aus der Sammlung des Museums, einzelne aus dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und von privaten Leihgebern. Kuratiert wurde die Ausstellung von der Kunsthistorikerin Esther Pollakowski und der Historikerin Sara Capdeville. Ihrer kundigen Führung verdankten die Exkursionsteilnehmer/-innen neue Einsichten und Kenntnisse, darunter neben plausiblen Mutmaßungen die wenigen gesicherten Informationen zum Leben des Künstlers.

Seine ersten Zeichenerfahrungen unter Anleitung hat Friedrich Kaiser vermutlich im Lörracher Pädagogium gesammelt, das er zusammen mit seinem älteren Bruder Eduard besuchte. Die eigentliche künstlerische Ausbildung erhielt er wohl in Karlsruhe und München; Inspiration zu Historien- und Schlachtengemälden scheint er sich um 1837 bei einem Aufenthalt in Paris geholt zu haben.

In seinem Skizzenbuch hielt Kaiser, wohl im Markgräflerland, bäuerliche Szenen fest, etwa ein Ochsengespann vor einem Stadttor, bei dem es sich nach jüngsten Überlegungen eventuell um jenes – längst abgerissene – Bauwerk handelt, dem die Lörracher Turmstraße ihren Namen verdankt.

Ab 1845 konnte der Maler die Entstehung eines Abschnitts der Eisenbahnlinie am Oberrhein (zwischen Schliengen und Efringen) beobachten und dokumentierte den Bau und den beginnenden Bahnbetrieb in Zeichnungen und Lithographien. Während der Badischen Revolution und der deutschen „Einigungskriege“ fungierte Kaiser für die Illustrirte Zeitung in Leipzig als Bildberichterstatter – zu einer Zeit, als die meisten Zeitungen nur Texte, aber keine Bilder enthielten.

Weil alte Zeitungsexemplare fürs Durchblättern zu brüchig wären, konnten sich die Ausstellungsbesucher/-innen anhand von Kopien einen Eindruck verschaffen und die abgebildeten Holzstiche mit den aushängenden Originalzeichnungen vergleichen, die Kaiser dem Verlag als Vorlagen geliefert hatte. Eingangs verteilte Lupen halfen, bei den Bildern winzige Einzelheiten erkennen zu können. Kaisers Bleistiftskizzen und Zeichnungen sowie teilweise seinen Lithografien lassen sich interessante zeitgeschichtliche Informationen entnehmen, und sie können in gewissen Grenzen für Historiker/-innen als geschichtliche Quellen dienen. Seine Historien- und Schlachtengemälde hingegen zeigen zwar ebenfalls feine Details bis hin zu den Gesichtern von Menschen, sind aber keineswegs reines Abbild der Realität, sondern nachträglich im Atelier komponiert. Ereignisse und Personen scheinen oftmals im Sinne der Auftraggeber stilisiert worden zu sein.

Aufträge akquirierte der Ende der 1840er Jahre in der Residenzstadt Karlsruhe wohnende Künstler, indem er möglichen Auftraggebern Arbeitsproben oder Vorschläge schickte. Dem Großherzog von Baden etwa sandte er Anfang 1854 zwei Skizzen und erhielt gut einen Monat später den Auftrag, die „Entwürfe in Öl aus[zu]führen“. Auch der Sieger über die Badische Revolution, der Prinz von Preußen und spätere Kaiser Wilhelm I., war von seinen Bildern angetan und holte ihn für Auftragsarbeiten nach Berlin, das ab 1850 zu seinem dauerhaften Wohnort wurde.

Wie finanziell abhängig Friedrich Kaiser – der auch für seine Frau und (solange sie nicht auf eigenen Füßen standen) fünf Kinder zu sorgen hatte – von Aufträgen war, zeigte sich besonders krass gegen Ende seines Lebens. Nach Schlaganfall und Erkrankung war er spätestens Mitte der 1880er Jahre nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Er verarmte und konnte sich nur dank einer bescheidenen finanziellen Zuwendung des Badischen Großherzogtums über Wasser halten, bis er 1889 in Berlin starb.

J. Krause